Die Situation rund um die Corona-Pandemie war und ist für uns alle herausfordernd. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?Erstaunlicherweise brachte die Anfangszeit der Pandemie für einige meiner Klienten eine gewisse Erleichterung: ärmere Menschen half es, dass für einmal alle nicht ausgehen konnten, Leute mit Ängsten waren froh, nicht mit den ÖV zur Arbeit fahren zu müssen… Manche meiner Klienten blühten regelrecht auf während dieser Zeit.Auch ich persönlich fand diese Zeit nicht nur schlimm, sie ermöglichte es mir in gewisser Weise, kreativ zu werden. Und das möchte ich allen ans Herz legen: Diese Krise kann auch eine Einladung sein, um kreativ unsere Möglichkeiten umzusetzen. Um sich zu fragen, wie man noch besser auf sich selber achtgeben kann. Um sich Zeit zu nehmen, zum Beispiel für Yoga im Wald oder um etwas Neues zu entdecken wie Schreiben, unbekannte Rezepte probieren oder Töpfern lernen. Ich war jedoch wirklich froh, durfte ich während der Pandemiezeit immer arbeiten. Das sehe ich als Privileg.Wie funktionierte Ihre Arbeit denn während des Lockdowns? Wie führten Sie die Sitzungen mit Ihren Klienten durch?Es galt, neue Formen zu finden im Rahmen des noch Möglichen. Denn eine an Krebs erkrankte Person oder jemand in einer akuten Krise braucht auch während einer solchen Ausnahmesituation Betreuung und Hilfe. Ich war positiv überrascht, wie gut Videocalls funktionierten. Hielt ich dies anfänglich für ein No-Go, merkte ich bald, dass gerade junge Leute sehr offen dafür waren. Zwar erkenne ich die Körpersprache der Leute deutlich schlechter per Video. Doch kann ich meine Klienten dennoch anleiten und Veränderung anregen. Es braucht aber eine gewisse Stabilität der Personen, schwieriger war es bei neuen Klienten.« Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie Menschen Überlebenskünstler sind und auch in herausfordernden Situationen weitergehen. »
Die Stiftung pro Mente Sana bietet Beratungen für Betroffene und ihre Angehörigen sowie Erste-Hilfe-Kurse für psychische Gesundheit. Was bewirken solche Angebote Ihrer Meinung nach?Ich halte sie für sehr wichtig. Denn leider gibt es immer weniger niederschwellige Hilfsangebote wie Jugendberatungen oder Selbsthilfezentren. Dabei ist es eine grosse Hilfe, wenn sich Leute bei Problemen niederschwellig Rat holen können. Es ist wichtig, dass ihnen die Möglichkeit für einen unkomplizierten Austausch geboten wird. Vielen Menschen hilft es in schwierigen Situationen zudem bereits zu wissen, dass es beispielsweise eine Telefonnummer gäbe, wo sie im Notfall anrufen könnten – selbst, wenn sie dies schlussendlich nicht tun.Und noch eine letzte Frage, quasi ein Rat einer erfahrenen Psychotherapeutin: Was soll man tun, wenn es einem nicht gut geht?Es ist wichtig, darüber zu reden und mit Freunden oder der Familie im Austausch zu sein. Ebenfalls hilfreich ist es, draussen spazieren zu gehen – auch bei schlechtem Wetter. Vielleicht kann man sich einer Jogginggruppe oder einem anderen Sportverein anschliessen. Soziale Kontakte sind etwas vom Wichtigsten. Sie geben einem ein Zugehörigkeitsgefühl und Sicherheit. Dasselbe, wenn Sie das Gefühl haben, dass es jemandem in Ihrem Umfeld nicht gut geht: Sprechen Sie es an, schauen Sie hin. Gehen Sie vielleicht zusammen spazieren und sprechen Sie darüber, was Ihnen selber in schwierigen Situationen hilft. Und weisen Sie auch auf Hilfsangebote und Therapiemöglichkeiten hin.« Niederschwellige Hilfsangebote sind sehr wichtig und bewirken viel. »
Autor: Philipp Senn - Leiter Kommunikation
Sprache und Informationstechnik haben mich schon immer fasziniert – bei HIN kann ich beides verbinden. Als Leiter Kommunikation bei HIN und «nebenamtlicher» Referent für die HIN Academy möchte ich unseren Lesern vielschichtige Aspekte der digitalen Transformation vermitteln und ihr Bewusstsein für die damit zusammenhängenden Fragen der IT-Sicherheit schärfen.