Mailkommunikation Patientin

E-Mail-Kommunikation zwischen Gesundheitsfachpersonen und Patienten: Mehrwert oder Risiko?

Alessandro Vitale
Alessandro Vitale

Kommunizieren Sie per E-Mail mit Ihren Patientinnen oder Klienten? Frau Daina-Laville, freiberufliche Pflegefachfrau mit Spezialisierung Diabetologie, tut es – und hat sich in einer Seminararbeit im Rahmen des Masters «MAS en Sciences et organisation de la santé » mit dem Thema E-Mail-Kommunikation zwischen Pflegenden und ihren Patienten befasst. Lesen Sie hier einige ihrer Findings und Erkenntnisse.

Szenario 1: Eine Diabetikerin hat in den letzten Tagen etwas tiefe Blutzuckerwerte. Sie ist leicht besorgt – doch soll sie wirklich ihre geschäftlichen Termine des nächsten Tages verschieben, um zur Diabetesberatung zu fahren? Zum Glück hat sie die E-Mail-Adresse ihrer Diabetesberaterin. Sie fragt per Mail bei dieser nach, ob sie ihre Insulindosierung eventuell anpassen sollte.

Szenario 2: Ein 73-jähriger Mann spürt eines Abends Schmerzen in der Brust. Auch er ist besorgt – doch ist es nicht etwas übertrieben, gleich in die Notaufnahme zu gehen? Zum Glück hat er die E-Mailadresse seines Hausarztes. Er entscheidet, diesen erst per Mail nach seiner Einschätzung zu fragen. Dummerweise hat sein Hausarzt aber bereits Feierabend …

Von Erwartung bis Zurückhaltung

Unsere Beispielszenarien sollen veranschaulichen, was Nathalie Daina-Laville in ihrer Arbeit im Detail schildert: Die E-Mail-Kommunikation zwischen Gesundheitsfachpersonen und Patienten ist eine Medaille mit zwei Seiten, sie birgt Chancen ebenso wie Risiken und Herausforderungen.

Gemäss Frau Daina-Laville wünschen sich viele Patienten, per E-Mail mit ihren Ärztinnen oder Pflegenden kommunizieren zu können. Dies erstaunt wenig: Die E-Mail ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, warum sollte sie nicht auch im Austausch mit Gesundheitsfachpersonen genutzt werden? Zusätzlich wünschen sich viele Patientinnen in der heutigen Zeit eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit ihren Pflegenden oder Ärzten, insbesondere in chronischen Pflegesituationen. Der Austausch per Mail kann diese Art der Zusammenarbeit unterstützen.

Im Gegensatz dazu stehen viele Gesundheitsfachpersonen dem E-Mail-Austausch mit Patienten eher skeptisch gegenüber. Und auch diese Zurückhaltung ist nicht unbegründet, denn für die Fachpersonen birgt die E-Mail-Kommunikation mit Patienten auch Risiken und wirft neue Fragen auf.

Mehr Kontinuität und besseres Selbstmanagement

Als wichtige Vorteile der E-Mail-Kommunikation nennt Frau Daina-Laville, dass diese das Selbstmanagement bei chronischen Krankheiten erhöhen und die Kontinuität der Pflege verbessern kann. So muss eine Patientin beispielsweise bei einer Frage nicht mehr auf den nächsten Termin mit ihrem Arzt oder Pflegenden warten, sondern kann diese per E-Mail stellen. Dadurch können, falls nötig, Medikamente oder deren Dosierungen schnell und unkompliziert angepasst werden – was die Behandlungsqualität verbessern kann.

Das Kommunikationsmittel E-Mail bietet den Patienten zudem die Möglichkeit, unkompliziert mit ihren Pflegenden oder Ärztinnen in Kontakt zu treten – und umgekehrt. Den Patienten vermittelt diese Möglichkeit eines direkten Kommunikationskanals ein Gefühl der Sicherheit, was die Arzt-Patienten- oder Pflegenden-Patienten-Beziehung positiv beeinflussen kann. Zusätzlich können die Patienten die erhaltenen Informationen jederzeit in Ruhe nachlesen.

Ein weiterer Vorteil, der auch in unserem ersten Beispielszenario sichtbar wird, ist ein niederschwelligerer Zugang zur medizinischen Versorgung: Durch die Möglichkeit des Austausches per E-Mail entfällt in gewissen Fällen die Notwendigkeit eines Arztbesuches. Somit spart der Patient Zeit, muss nicht der Arbeit fernbleiben, keine Kinderbetreuung organisieren…

Zusätzlicher Arbeitsaufwand und rechtliche Fragen

Frau Daina-Laville berichtet in ihrer Arbeit aber auch über Arztpraxen, welche erst die E-Mail-Kommunikation mit ihren Patienten eingeführt hatten, sich jedoch aufgrund der zahlreichen E-Mails von Patienten und der damit verbundenen erhöhten Arbeitsbelastung dafür entschieden, diese Art der Kommunikation wieder einzustellen.

Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist der rechtliche Aspekt der E-Mail-Kommunikation, da Patientinnen und Klienten in der Regel nicht über datenschutzkonforme E-Mail-Adressen verfügen. Versendet eine Gesundheitsfachperson sensible Gesundheitsdaten per Standard-E-Mail (keine datenschutzkonforme Lösung mit Verschlüsselungstechnologie), verletzt sie ihre Sorgfaltspflicht und verstösst gegen das Datenschutzgesetz DSG. Es ist also unumgänglich, den Patienten im Vorfeld über die Datenschutz-Risiken der E-Mail-Kommunikation zu informieren und sein Einverständnis dafür einzuholen. 

Enthält eine E-Mail Gesundheitsdaten, muss sie verschlüsselt versendet werden. Standard-E-Mails, beispielsweise an eine GMX- oder Gmail-Adresse, sind hingegen nicht datenschutzkonform. HIN bietet eine sichere Lösung, welche speziell für das Gesundheitswesen entwickelt wurde – auch für den Versand an Empfänger ohne HIN.

So funktioniert der Versand, wenn der Empfänger keine HIN-E-Mail-Adresse nutzt:

  • Schreiben Sie die E-Mail wie gewohnt von Ihrer HIN E-Mail-Adresse aus.
  • Schreiben Sie in die Betreffzeile der E-Mail hinter den Betreff «(vertraulich)».
  • Versenden Sie nun die E-Mail an den gewünschten Empfänger, auch an Empfänger ohne HIN. Die E-Mail wird verschlüsselt versendet.

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Der digitale Graben in der Gesundheitsversorgung

Ein weiteres Risiko ist gemäss Nathalie Daina-Laville eines sozialer Art: Mehrere Studien weisen darauf hin, dass die Nutzung der E-Mail als Kommunikationskanal mit Patienten den ungleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung innerhalb der Bevölkerung verstärken kann. Nicht alle Personen in der Schweiz seien in der Lage, die E-Mail als Kommunikationsmittel zu nutzen. Und oft fehle dieses Wissen gerade den Personen, die auf eine gute medizinische Versorgung angewiesen seien, beispielsweise Leute aus sozial schwachen Schichten oder alte Leute.

Nicht alle Fragen eignen sich für Mails

Unser Beispiel des Mannes mit Schmerzen in der Brust zeigt, was auch Nathalie Daina-Laville thematisiert: Nicht alle Fragen sind für die Kommunikation per E-Mail geeignet. So sollte diese nicht bei dringenden Gesundheitsproblemen genutzt werden, da nicht sichergestellt ist, dass der Empfänger die E-Mail sofort liest. Auch bei komplizierten Fragestellungen ist die E-Mail wenig geeignet. Zu gross ist das Risiko von Missverständnissen. Beide Punkte können schwerwiegende Konsequenzen haben, beispielsweise wenn ein dringendes gesundheitliches Problem nicht schnell genug behandelt wird, weil der Absender auf Antwort des Empfängers wartet oder wenn es durch ein Missverständnis zu einem medizinischen Fehler kommt.

Richtige Nutzung ist das A und O

Gemäss Frau Daina-Laville ist es elementar, dass Gesundheitsfachpersonen die E-Mail als Kommunikationskanal mit ihren Patienten sorgfältig nutzen und sich Zeit für das Verfassen und Versenden nehmen. Denn manchmal reicht eine fehlende Anrede oder ein unsorgfältig formulierter Satz aus, um die Beziehung zu einem Patienten zu schädigen. Im schlimmsten Fall kann Unachtsamkeit gar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. In ihrer Arbeit hat Frau Daina-Laville deshalb Handlungsempfehlungen erarbeitet, worauf Gesundheitsfachpersonen bei der Nutzung von E-Mails in der Kommunikation mit Patienten achten können.

Handlungsempfehlungen herunterladen

Auch der Patient trägt Verantwortung

Jeder Patient hat bei seiner Behandlung eine Mitwirkungspflicht. Dies kann auch auf die Kommunikation per E-Mail übertragen werden: Diese kann nur funktionieren, wenn auch der Patient Verantwortung übernimmt dafür. Frau Daina-Laville betont deshalb, wie wichtig es ist, die Patienten zu informieren über die Risiken in Bezug auf Sicherheit und Vertraulichkeit des E-Mail-Versandes sowie über die eigenen Erwartungen in Bezug auf ihr Verhalten bei der E-Mail-Nutzung. Mehr darüber erzählt sie im ergänzenden Interview. Im Rahmen ihrer Arbeit hat Nathalie Daina-Laville eine Charta erarbeitet, welche Gesundheitsfachpersonen mit ihren Patienten besprechen können. Diese dient als Vorlage und kann an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden.

Charta herunterladen

Vorteile nutzen und Risiken minimieren dank Bildung

Frau Daina-Laville sieht einen klaren Mehrwert in der Verwendung der E-Mail in der Kommunikation mit Patienten. Sie betont jedoch auch, dass die E-Mail-Nutzung sorgfältig und mit Bedacht erfolgen muss, um die Risiken zu minimieren. Deshalb hält sie es für wichtig, dass Gesundheitsfachpersonen angemessen unterstützt werden, damit sie sich bei der E-Mail-Nutzung sicher fühlen. Bereits in der Ausbildung sollen Themen wie die richtige Nutzung von digitalen Tools und elektronischen Hilfsmitteln thematisiert werden.

Nathalie Daina-Laville

Nathalie Daina-Laville

Nathalie Daina-Laville ist Freiberufliche Pflegefachfrau mit Spezialisierung Diabetologie und Lehrbeauftragte FH am Institut et Haute Ecole de la Santé La Source.

Alessandro Vitale
Autor: Alessandro Vitale - Leiter Support

Als Experte im Bereich Technik und Support liefere ich Ihnen Tipps und Tricks im Umgang mit unseren Services, Produkten und dem allgemeinen Umgang im Netz. Lassen Sie mich Ihnen die einfachen Seiten der digitalen Welt eröffnen und wie viel Spass es machen kann, Herausforderungen zu lösen.

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Als Leiter des HIN Supports stehen in meine Arbeitsalltag unsere Kundinnen und Kunden an erster Stelle. Ich liebe meinen Job und werde nie müde, Sie gemeinsam mit meinem Team bei technischen Fragen oder Schwierigkeiten zu unterstützen. Für mich ist jede Kundenanfrage genauso einzigartig wie der Kunde selbst – und genau das macht meine Aufgabe so spannend. Begonnen habe ich ursprünglich in der Systemtechnik und im technischen Support, dort habe ich auch meine Ausbildung als Informatikpraktiker absolviert. Bei HIN bin ich nun seit über sechs Jahren tätig.

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Privat schlägt mein Herz für das italienische «Dolce Vita», Reisen an die Adria gehören für mich einfach dazu. Wenn das gerade nicht möglich ist, zaubere ich mir das italienische Lebensgefühl mit selbstgemachten Pasta-Gerichten in meine Küche. Daneben interessiere ich mich für technische Innovationen und lese viel in Fachblogs.

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