
KI im Gesundheitswesen: Ein Pilotprojekt mit Intonate zur Entlastung von Gesundheitsfachpersonen
Stellen Sie sich vor, nach einem Anamnesegespräch wird der entsprechende Bericht automatisch erstellt… Genau das kann die KI-gestützte Software von Intonate. HIN und das innovative Startup arbeiten zusammen mit dem Ziel, den administrativen Aufwand für Ärztinnen und Ärzte zu reduzieren und ihnen so zu mehr Zeit mit ihren Patienten zu verhelfen.
KI-Lösungen sind derzeit in aller Munde und etablieren sich zunehmend als effizienzsteigernde Werkzeuge für verschiedenste Berufsgruppen. Auch im Gesundheitswesen zeigen KI-Technologien ein enormes Potenzial, um Gesundheitsfachpersonen zu entlasten und Prozesse zu optimieren. Doch die nachhaltige Integration solcher Technologien in ein hochkomplexes Umfeld wie das Gesundheitswesen stellt für viele Startups eine Herausforderung dar. Aus diesem Grund arbeitet HIN gezielt mit vielversprechenden Unternehmen zusammen und unterstützt sie mit Know-how und einem starken Netzwerk. So entstand auch der Pilotversuch mit Intonate.
Intonate bietet eine cloudbasierte, KI-gestützte Lösung, die medizinische Berichte basierend auf aufgezeichneten Patientengesprächen automatisch erstellt, unabhängig von Dialekten oder Akzenten. Das Startup wurde 2023 von Medizinern, HSG- und ETH-Studenten gegründet und hat seitdem einen ersten funktionsfähigen Prototyp entwickelt. Im November 2024 lancierte Intonate gemeinsam mit HIN einen Pilotversuch mit fünf Ärztinnen und Ärzten. Dieser verfolgte zwei Ziele: Einerseits sollte er das Potenzial der Technologie evaluieren, den mit dem Berichtswesen verbundenen Aufwand für Ärztinnen und Ärzte zu reduzieren, andererseits testete er, wie diese mit unterschiedlichen Sprachmustern umgeht.
Welche Erkenntnisse der Pilotversuch hervorgebracht hat, erfahren Sie von Dr. med. Daniele Perucchini, Teilnehmer am Pilotprojekt, Julian Sutter, Co-Gründer von Intonate, sowie Christoph Weber, Produktmanager bei HIN.
Dr. med. Daniele Perucchini, Urogynäkologe FMH und Teilnehmender am Piloten von Intonate
Was hat Sie dazu bewogen, an diesem Piloten teilzunehmen?
Die Digitalisierung im Schweizer Gesundheitswesen weist meiner Meinung nach noch riesige Lücken auf. Trotz innovativer Ansätze zeigt sich mir besonders im Alltag, dass viele Prozesse nach wie vor ineffizient sind. Dieser Rückstand kostet wertvolle Zeit, die für die Patientenversorgung fehlt. Es besteht massiver Handlungsbedarf, schöne Worte reichen nicht. Genau dieser Handlungsbedarf hat mich motiviert, am Pilotprojekt mit Intonate teilzunehmen. Denn Projekte wie dieses sind essenziell, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzubringen und echte Entlastung zu schaffen.
Welche Aspekte der Lösung waren besonders nützlich und wo sehen Sie Verbesserungspotential?
Besonders nützlich an der KI-gestützten Software von Intonate finde ich, dass sie den Dokumentationsprozess vereinfachen kann. Die Fähigkeit, unabhängig von Dialekten und Akzenten zu arbeiten, ist in der Schweiz ein grosser Vorteil und trägt zur Effizienz bei. Das Produkt ist auf gutem Wege, einen spürbaren Mehrwert zu generieren. Ich glaube, dass es das Potenzial hat, unseren administrativen Aufwand, insbesondere bei der Dokumentation, zu reduzieren. Auch zeigt die Lösung, dass Digitalisierung den Arbeitsalltag nicht komplizierter machen muss, sondern Prozesse vereinfachen kann, wenn sie richtig implementiert wird. Das ist ein entscheidender Mehrwert für den oft hektischen klinischen Alltag.
Für die Zukunft könnte ich mir vorstellen, dass das System erkennen wird, wenn in einem Anamnesegespräch ein wichtiger Punkt nicht erfragt wurde. Das wäre zum Beispiel bei uns im Blasenzentrum der Fall, wenn bei einer Patientin mit Nykturie vergessen wird, nach der Trinkmenge und dem Zeitpunkt der Trinkmenge zu fragen. Ebenfalls wünschenswert oder hilfreich wäre, wenn in naher Zukunft bei Aufforderung ein Zeugnis zu erstellen, dies automatisch gemacht würde oder wenn man das System auffordern könnte, eine Anmeldung zum Beispiel für ein Röntgen zu machen.
Würden Sie diese Lösung Ihren Kollegen weiterempfehlen?
Ja, weil die Lösung das Potential hat, unseren administrativen Aufwand zu reduzieren. Während der Testphase wurde aber ersichtlich, dass die Software von Intonate spezifisch auf verschiedene Fachgebiete zugeschnitten und an die Bedürfnisse unterschiedlicher Praxis- und Spitalbereiche angepasst werden muss. Dann nimmt ihr Nutzen voraussichtlich exponentiell zu. Besonders wichtig finde ich auch das Potenzial der nahtlosen Integration zu bestehenden IT-Systemen, sowohl in Spitälern als auch in Praxen. Zudem entfaltet die Software ihren vollen Nutzen nur dann, wenn sie reibungslos mit anderen Systemen wie elektronischen Praxisverwaltungslösungen oder allenfalls Patientendossiers (EPD) verknüpft ist.
Die Lösung von Intonate zeigt, dass Digitalisierung den Arbeitsalltag nicht komplizierter machen muss, sondern Prozesse vereinfachen kann.
Julian Sutter, Gründer von Intonate
Welche Schnittstellen zwischen HIN und Intonate waren für die Zusammenarbeit entscheidend?
Nach unserem ersten Kontakt mit HIN bei einem Event wurde schnell klar, dass das Unternehmen sehr aufgeschlossen ist gegenüber neuen Technologien und daran interessiert, bei innovativen Lösungen von Anfang an dabei zu sein. Der regelmässige Austausch erwies sich als äusserst wertvoll. Das Netzwerk und die Erkenntnisse aus praktischen Erfahrungen mit Digitalisierungsprojekten des Unternehmens haben uns spannende Einblicke verschafft. Neben unserem gemeinsamen Interesse an neuen Technologien und dem Ziel, die Gesundheitsversorgung durch digitale Mittel effizienter zu gestalten, verbindet uns besonders der hohe Stellenwert der Sicherheit. HIN hat früh erkannt, dass Digitalisierung nur mit dem nötigen Vertrauen der Ärzteschaft erfolgreich sein kann – eine Überzeugung, die wir vollständig teilen.
Welche Erkenntnisse haben Sie aus dem Piloten gewonnen?
Das Feedback aus unserem Pilotprojekt hat bisherige Beobachtungen bestätigt: Unabhängig von ihrer Fachspezialisierung verfolgen Ärztinnen und Ärzte unterschiedliche Prozesse bei der Patientendokumentation. Beispielsweise bevorzugen einige Nutzer stichwortartige Dokumentationen, andere Fliesstext. Auch im Umgang mit neuen Technologien zeigen sich Unterschiede. Ein einfaches Beispiel: Manche Ärztinnen und Ärzte empfinden die Wartezeit, welche bei KI-generierten Berichten vorkommen kann, als mühsam, während andere die Zeit nutzen, um Patienten persönlich zu verabschieden oder Verwaltungsaufgaben zu erledigen. Für einige Nutzer muss daher eine klare Struktur vorgegeben werden, wie eine neue Applikation genutzt werden kann. Andere hingegen erfreuen sich gerade daran, eine neue Technologie auszuprobieren und ihre Prozesse entsprechend anzupassen.
Was sind Ihre langfristigen Ziele für Intonate?
Wir von Intonate sind stolz darauf, von Beginn an Teil einer spannenden Entwicklung im Gesundheitswesen zu sein. Wir wollen eine Lösung entwickeln, die für Ärztinnen und Ärzte einen tatsächlichen Mehrwert bietet. Die rasante Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz bietet enormes Potenzial, bringt aber auch einige Herausforderungen mit sich. Unsere Rolle sehen wir darin, diese Technologien verantwortungsvoll und mit klarem Fokus auf den praktischen Nutzen sowie die Sicherheit der Patienten einzusetzen.
In den letzten Monaten konnten wir mit mehreren Hundert Ärztinnen und Ärzten weitere Testphasen durchführen. Aus den verschiedenen Nutzerverhalten leiten wir Best Practices ab, die wir in unseren Onboarding-Prozess integrieren. Gleichzeitig erhalten wir mit jedem Feedback neue Optimierungspotenziale, die wir direkt in neue Produktversionen einfliessen lassen können.
Mittelfristig möchte Intonate sich darauf konzentrieren, noch stärkere Integrationen in bestehende Verwaltungsabläufe von Praxen und Spitälern zu entwickeln. Hierfür haben wir bereits Schnittstellen mit verschiedensten Praxisinformationssystemen aufgebaut. Unser langfristiges Ziel ist es, als Pionier der KI-gestützten medizinischen Dokumentation anerkannt zu werden und dazu beizutragen, dass sich Ärztinnen und Ärzte wieder ihrem eigentlichen Fokus – der Patientenversorgung – widmen können.
Mit HIN verbindet uns neben unserem gemeinsamen Interesse an neuen Technologien und dem Ziel, die Gesundheitsversorgung durch digitale Mittel effizienter zu gestalten, besonders der hohe Stellenwert der Sicherheit.
Christoph Weber, Product Manager bei HIN
Wie kam die Zusammenarbeit mit Intonate für diesen Piloten zustande?
HIN hat Intonate an einem Event kennengelernt und in der Folge die Idee einer Zusammenarbeit vertieft. Das Startup verfolgt das Ziel, den Arbeitsalltag von Ärztinnen und Ärzten in Kliniken und Praxen massgeblich zu vereinfachen, indem es ihnen zu einer wesentlichen Entlastung von administrativen Arbeiten und somit zu mehr Zeit für die Arbeit mit Patientinnen und Patienten verhilft. Ein Ziel, für das sich auch HIN Tag für Tag einsetzt. Das Team von Intonate ist jung, interdisziplinär, hoch motiviert und entsprechend agil. Es ist in seinen Ideen noch nicht festgefahren und geht entsprechend locker und offen mit Feedbacks für Optimierungen der Lösung aus dem Praxisalltag um.
Was motivierte den Pilotprojekt mit Intonate und welche Aspekte der Lösung überzeugten Sie besonders?
Für HIN war es spannend zu prüfen, wie gut die KI-Lösung von Intonate im Praxistest bereits mit unterschiedlichen Dialekten und Sprachen umgeht. Denn dies ist in der Schweiz natürlich eine entscheidende Voraussetzung, damit eine Lösung für den Praxisalltag in Frage kommt. Ebenfalls interessant war das Feedback der testenden Ärztinnen und Ärzten dazu, inwiefern eine KI-Lösung das Potenzial hat, sie in ihrer täglichen Praxistätigkeit zu unterstützen.
Welche Erkenntnisse konnten Sie aus diesem Piloten ziehen?
Die wichtige Erkenntnis aus dem Pilotversuch ist sicherlich, dass KI substantielles Potential hat, eine Erleichterung in den Arbeitsalltag von Ärztinnen und Ärzten zu bringen und dass grosses Interesse und Offenheit von dieser Seite spürbar ist. Wichtig ist, dass geeignete Lösungen in die Primärsysteme der Gesundheitsfachpersonen integriert und spezifisch auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Fachrichtungen zugeschnitten sein müssen. Und last but not least: Selbstverständlich ist es elementar, dass alle Datenschutzaspekte sauber abgedeckt sind.
KI hat substantielles Potenzial, um eine Erleichterung in den Arbeitsalltag von Ärztinnen und Ärzten zu bringen.