Diagnose Blackout

Dieser Beitrag ist am 30.11.2022 in der Schweizerischen Ärztezeitung erschienen.Ist meine Arztpraxis vorbereitet auf die drohende Energieknappheit? Wie lesen wir digitale Krankengeschichten, wenn der Strom ausfällt? Brauchen wir dafür ein Notstromaggregat? Solche Fragen haben sich wohl viele von uns in den letzten Wochen gestellt. Heute schreibt Lucas Schult, Geschäftsführer von HIN, in seiner Kolumne deshalb nicht wie sonst über IT-Sicherheit und Datenschutz, sondern über Energieknappheit.
Dass unsere Wohnungen auch im Winter warm sind, dass wir abends bei Licht fernsehen, dass wir unsere Smartphones täglich aufladen – das alles ist für uns in der Schweiz selbstverständlich. Oder war es zumindest, bevor uns die drohende Energieknappheit unweigerlich vor Augen geführt wurde. Dass Strom knapp werden könnte, darüber haben sich die meisten wahrscheinlich selten so viele Gedanken gemacht wie in den vergangenen Monaten. Das gilt übrigens auch für uns IT-Spezialisten, die sich täglich mit E-Health und Digitalisierung befassen.

Die Folgen eines Blackouts

Leider ist es eine Tatsache, dass ein flächendeckender und mehrere Stunden oder gar Tage dauernder Stromausfall, ein sogenannter Blackout, weitreichendere Konsequenzen hätte, als sich uns im ersten Moment erschliesst. Denn nicht nur unsere Lampen und Computer brauchen Energie; auch IP-Telefonie, Netzwerkinfrastrukturen, das Mobilfunknetz, Züge und Trams, Ampeln, Ölheizungen und selbst Solaranlagen funktionieren nicht ohne Strom.
Lucas Schult, HIN
Lucas Schult ist Geschäftsführer (CEO) von HIN. Er schreibt in der «SÄZ» regelmässig über digitale Sicherheit.
Vielleicht haben Sie sich schon gefragt, ob Sie Ihre Praxis durch Anschaffen eines Notstromaggregats für diesen Fall vorbereiten könnten? Ich selber halte solche Aggregate für eine gute Sache. Denn wer über eines verfügt, muss im Ernstfall nicht im Dunkeln sitzen, kann am Computer (aber ohne Internet!) arbeiten und vielleicht gar praxiseigene Analysegeräte betreiben. An ein reibungsloses Weiterführen der Praxistätigkeit wäre jedoch trotz Notstrom nicht zu denken, jedenfalls nicht bei einem längeren Stromausfall. Denn wie soll der Arbeitsalltag funktionieren ohne Telefon, Internet, Kühlmöglichkeiten und ohne die Zusammenarbeit mit externen Labors?

Es ist wichtig, dass Sie sich bewusst sind, dass Strom ein wertvolles Gut ist. Diese Awareness bewirkt schon viel.

Auch ein kurzfristiger geplanter oder angeordneter Unterbruch der Stromversorgung ist aktuell nicht länger ein unrealistisches Szenario. Wussten Sie, dass gewisse Geräte Schaden nehmen können, wenn der Strom bei laufendem Betrieb abgestellt wird? Auch besteht in diesem Fall die Gefahr des Verlustes von Daten. Fahren Sie also alle Geräte in Ihrer Praxis – Computer, Serverinfrastruktur, Laborgeräte und so weiter – vor geplanten Strompausen sauber herunter. Neben dem Schutz der Geräte birgt dies einen weiteren Vorteil: Haben Sie mehrere Geräte an einer Stromleiste angeschlossen, werden diese nach einem Stromunterbruch gleichzeitig wieder gestartet. Und das braucht so viel Strom, dass es möglicherweise die entsprechende Sicherung «beschädigt». Schalten Sie Ihre Geräte hingegen sequenziell wieder ein, sind Sie auf der sicheren Seite.

Strom sparen in Arztpraxen

Ein aktuelles Thema ist auch das Stromsparen. Wird die Energie knapp, wird eventuell die gesamte Bevölkerung – so auch Arztpraxen – verpflichtet, den Energieverbrauch zu reduzieren. Und auch wenn es so weit nicht kommen wird, ist es eine gute Sache, Strom nicht zu verschwenden. Nicht zuletzt wirkt sich ein geringerer Stromverbrauch in Zeiten explodierender Energiepreise positiv auf die Rentabilität jeder Arztpraxis aus. Folgende Tipps lassen sich gut umsetzen, in Praxen ebenso wie im privaten Bereich. Löschen Sie das Licht, wenn sich niemand im Raum aufhält. Seien Sie sparsam beim warmen Wasser und reduzieren Sie die Heizung auf 20 °C. Lüften Sie nur während kurzer Zeit bei vollständig geöffnetem Fenster. Und last but not least: Ziehen Sie den Stecker bei Geräten, die nicht in Gebrauch sind. Ein Röntgengerät beispielsweise könnte per se vom Strom getrennt sein und nur dann in Betrieb genommen werden, wenn ein Patient oder eine Patientin ein Röntgenbild braucht. Planen Sie dies jedoch sorgfältig, da gewisse Geräte etwas Zeit brauchen, bis sie einsatzbereit sind. Beachten Sie zudem, dass viele Geräte auch im Standby-Modus Strom verbrauchen.Beim Thema IT-Sicherheit spreche ich oft über «Awareness», das ständige Bewusstsein für eine bestimmte Sache. Diese Awareness halte ich auch beim Thema Energie für wichtig: Sie müssen nicht von heute auf morgen nur noch kalt duschen und bei Kerzenlicht lesen. Wichtiger ist, dass Sie sich bewusst sind, dass Strom ein wertvolles Gut ist. Diese Awareness bewirkt schon viel, wenn wir alle sie leben.